Ein junges Rehkitz ist kleiner als eine Katze und wenn sich ein Mähdrescher mit weit ausladenden Mähwerken nähert, nützen dem Kitz weder seine Tarnflecken noch der Instinkt sich flach auf den Boden zu drücken und reglos zu verharren. Doch Rettung naht jetzt aus der Luft - dazu später mehr.
Das Reh ist mit 15-22 Kilo die kleinste europäische Hirschart und näher mit dem Elch als mit dem Damhirsch verwandt. Seine mögliche Lebenserwartung liegt bei 12 Jahren. Die Hauptsetzzeit der Rehkitze geht von April bis Ende Juni. Fressfeinde, wie Wolf oder Luchs, sind selten und damit das Kitz nicht Greifvögeln oder dem Fuchs zum Opfer fällt, hat es neben seiner Tarnfarbe auch kaum einen Eigengeruch. Doch um die 100.000 Rehkitze werden jedes Jahr von landwirtschaftlichen Maschinen verstümmelt oder getötet. Auch erwachsene Tiere können vor den Hochleistungsmaschinen wegen ihrer hohen Geschwindigkeit oft nicht rechtzeitig fliehen. Durch die Zunahme an Siloproduktion beginnt der erste Schnitt jetzt durchschnittlich einen Monat früher als bei der traditionellen Heugewinnung, und das verschärft die Lage zusätzlich. Die Gesamtzahl der getöteten Wildtiere wird auf eine halbe Million geschätzt, und sie könnte in den nächsten Jahren noch ansteigen. Immer mehr Flächen zur Energiegewinnung aus Pflanzen kommen hinzu und führen zu weiteren Wildtierverlusten.
Zum Schutz der Rehe gibt es verschiedene Maßnahmen. „Vergrämungsmethoden“ wie Flatterbänder und Tüten auf Holzpfosten, elektronische Lichtblitze und Windräder. Die sollen einen Tag vor der Mahd angebracht bzw. aufgestellt werden, um die Ricken mit ihren Kitzen rechtzeitig von Wiesen und Feldern zu vertreiben. Am Tag der Mahd bieten traditionell Jäger mit ihren ausgebildeten Hunden eine Absuche an. Wegen des schwachen Eigengeruchs der Rehkitze muss die Fläche aber engmaschig begangen werden. Auch sogenannte „Wildretter“ kommen seit einigen Jahren zum Einsatz. Das sind Infrarotsuchgeräte an Teleskopstangen, mit deren Hilfe sich eine sechs Meter breite Spur zu Fuß absuchen lässt. Manche Mähdrescher haben Infrarotsender montiert. Da aber verdorrendes Gras von der Sonne stärker erhitzt, kommt es immer wieder zu Fehl-Alarmen. Wird dann doch ein Kitz angezeigt, können die schweren Maschinen oft nicht schnell genug zum Halten gebracht werden. Doch das Fortschreiten der Technik bietet neue Möglichkeiten für die Rehretter: mit Wärmebildkameras ausgestatte Drohnen.
Damit die Rehkitze von der Wärmebildkamera erfasst werden können, muss der Temperaturunterschied von der winzigen Oberfläche des Kitzes zur Umgebung hoch genug sein. Das bedeutet für die Retter einen Einsatz in den frühen Morgenstunden, wenn die Außentemperaturen noch niedrig sind. Während ein Drohnen-Pilot das Gerät in einer Höhe von ca. 10 – 30 Metern über die Wiesen steuert, stehen Helfer bereit, den Anweisungen zu folgen. Wird ein Rehkitz gesichtet, rücken sie ins Feld aus. Die Helfer werden ebenfalls von der Kamera erfasst und sind auf dem Sucher sichtbar. So können sie zielgenaue Angaben über Funk oder Handy erhalten, denn oftmals stehen sie nur einen halben Meter entfernt ohne das Tier erkennen zu können. Angefasst werden darf das Kitz nicht mit bloßen Händen, dann würde es die Ricke nicht mehr annehmen. Manchmal wird nur ein Wäschekorb über das Kitz gesetzt und weiträumig ummäht oder es wird fachmännisch umgesetzt. Die Kosten für eine Grundausstattung mit Drohne und Wärmebildkamera liegt bei ca. 4.500 €. Es gibt Vereine, die sich mit viel Engagement einsetzen und auch Drohnenflüge anbieten. Der Einsatz ist meist kostenlos, doch natürlich freut man sich über jede Spende – auch zur Anschaffung weiterer Kameras.
tierschutz-ring-traunstein.de
rehrettung-hegau-bodensee.de
rehkitzrettung-gera.de
Die Broschüre „Mähtod“ mit vielen Tipps zur Vermeidung der Wildtierverluste bietet die Deutsche Wildtier Stiftung und der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIS) kostenlos zum Download an. Sie finden sie auf der Seite des „Netzwerk Lebensraum Feldflur“.
Und natürlich die Bitte an alle Hundehalter, gerade in der Setzzeit darauf zu achten, dass Hunde nicht unkontrolliert durch Wald, Feld und über Wiesen, die noch nicht gemäht sind, streifen können. Da sind Schleppleinen eine gute Hilfe, sie können Rehkitzen das Leben retten.