Schaden zu viele Kräuter auf einmal?

Pflanzen zu kaufen oder gar zu sammeln, daraus Tee zu bereiten, sie zu essen oder sie zu verfüttern, ist für viele mit Unbehagen verbunden. Geschürt wird dieses Unbehagen von denen, die sich lieber auf chemisch exakt definierte Stoffe und damit berechenbare Werte verlassen. Essen nach Zahlen!

Jahrtausende waren Pflanzen aus der Natur die wesentliche Nahrungsgrundlage der Menschen und ihrer Tiere, bei den pflanzenfressenden Wildtieren ist sie es immer noch. Konnte man vor 50 Jahren ein Pferd einfach auf die Weide stellen, so war das mit einer Zufütterung aus Heu, Stroh und Salz eine artgerechte und dem Bedarf entsprechende Versorgung. Doch wo finden sich solche Wiesen heute noch? Pferdehalter aus den Mittelgebirgen und alpinen Regionen, bei denen die Pferde im Sommer auf kräuterreiche Hochweiden kommen, berichten übereinstimmend, dass Haut und Hufprobleme, Schwierigkeiten im Fellwechsel, Atemwegs- oder Stoffwechselerkrankungen wie weggezaubert werden. Der Zauber liegt nicht an den Berggeistern, es sind die zahlreichen sekundären Pflanzenstoffe mit ihrer entzündungshemmenden Wirkung, ihrer Stimulierung der Verdauungsorgane und ihrer Förderung der erwünschten Darmflora. Es liegt also an den artenreichen Kräuterwiesen. Nach diesem Vorbild stellen wir artenreiche auch landschaftstypische Mischungen zusammen.

Helfen Kräuter überhaupt noch, wenn das Pferd oder andere Tiere einmal krank sind? Diese Sorge beruht auf einem Weltbild, das weder Pflanze noch Tier als ganzheitliches Wesen sieht, sondern einzelne Pflanzenstoffe isoliert betrachtet und sie speziellen Körperfunktionen zuordnet, unabhängig vom direkten Bedarf und von der Dosierung.

Oft werden die Argumente der Pharmaindustrie kritiklos aufgegriffen, auch von Futtermittelherstellern und Therapeuten: Kräuter würden nur dann wirken, wenn sie kurzzeitig eingesetzt werden, also maximal vier Wochen. Neuerdings diskutiert man sogar, dass nur maximal drei Kräuter gleichzeitig im Organismus wirken könnten.

Die kräuterreichen Hochweiden in den Alpen, die Sommerweiden der Isländer, die duftenden Landschaften der Extremadura oder die bunten Magerrasen der Schwäbischen Alb wären für Pferde demnach ja nur vier Wochen lang geeignet, danach müssten die Pferde wenigstens vier Wochen lang in den Stall, bei Gras und Heu.

500 Billionen Bakterien und eher noch mehr in der Darmflora sind auch mit dreimal drei (9) und selbst mit drei hoch drei (27) Kräutern nicht überfordert. Im Gegenteil, die artgerechte vielseitige Kräuterfütterung stabilisiert die Darmflora und das Immunsystem. Wenn sich Kräutermischungen an der Natur orientieren, Vielfalt und Abwechslung ins Futter bringen, dann können sie auch über einen längeren Zeitraum gegeben werden. In der Natur wechselt das Kräuterangebot durch das Jahr, darum ist es sinnvoll Kräutermischungen ebenfalls im Jahresverlauf abzuwechseln, zumal die ursprüngliche natürliche Vielfalt kaum nachzuahmen ist; denn Wildpferde nutzen ein Nahrungsspektrum von 200 - 300 Pflanzen.

Das Besondere an Pflanzen ist die Komplexität ihrer Wirkstoffe, die sich aus 100, 500 oder noch mehr verschiedenen Verbindungen zusammensetzen. Diese Wirkstoffe in den Pflanzen, die Gerb- und Bitterstoffe, die Glucosinulate, die Flavone und Flavonoide, die große Gruppe der antioxidativen Stoffe und die ätherischen Öle werden in ihrer Komplexität ausschließlich von Pflanzen produziert. Weil sie für den primären Energiestoffwechsel nicht genutzt werden, nennt man sie sekundäre Pflanzenstoffe.

Machen Sie mit Ihrem Kaffee- oder Teekonsum Pausen? Ein Thymiantee wird Ihnen bei der nächsten Erkältung oder Darmverstimmung gut helfen, obwohl Sie Ihre Salate mit Kräutern der Provence oder einer thymianbetonten italienischen Würzmischung zubereiten. Nicht anders ist es bei unseren Tieren auch.