Heu als Gefahrenquelle im Pferdestall

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In den Herbst- und Wintermonaten, in denen frisches Gras nicht ausreichend zur Verfügung steht, stellt Heu die Basis der Pferdefütterung dar. Das Pferd mit seinem speziellen Verdauungssystem ist in der Lage, die für viele andere Tierarten unverdaulichen Pflanzenfasern im Heu in seinem Dickdarm aufzuspalten, indem es dort spezielle Mikroorganismen beherbergt. Als allgemeine Empfehlung gilt, dass pro 100 kg Pferd ca. 2 kg Heu pro Tag eingeplant werden sollte. Im Gegensatz zu wiederkäuenden Pflanzenfressern wie Kühen, Ziegen und Schafen reagiert der Verdauungstrakt von Pferden äußerst empfindlich auf kontaminierte Futterbestandteile. So können Verschmutzungen mit Erde und den darin enthaltenen pathogenen Keimen zu Veränderungen der Darmflora und anderen schweren Erkrankungen führen, die im schlimmsten Fall den Tod des Tieres bedeuten. Die mikrobiologische Belastung des Futtermittels Heu stellt daher neben seinem Gehalt an Nährstoffen einen der wichtigsten Faktoren in der Praxis der Pferdefütterung dar. Ein optimales Fütterungsmanagement und die strikte Einhaltung der Futtermittelhygiene sind somit zur Gewährung der Tiergesundheit unabdingbar.

Kontamination mit Schimmelpilzen

Neben Bakterien und Hefen spielt vor allem die Kontamination mit Schimmelpilzen bei der Heufütterung eine große Rolle. Unter dem Begriff Schimmel werden Pilze zusammengefasst, die ein charakteristisches Geflecht aus fadenförmigen Zellen (Myzel) mit mikroskopisch kleinen Sporenträgern bilden. Im Entwicklungsstadium der Spore können Pilze Jahrhunderte überdauern und unter günstigen Bedingungen schnell und massenhaft auskeimen. Abhängig von Temperatur, Restfeuchtegehalt, pH-Wert und Nährstoffangebot setzen sich bei der Sporenaktivierung verschiedene Pilzarten durch, die das befallene Heu mit feinsten Myzelfäden durchziehen, die wiederum neue Sporen ausbilden.

Die im Heu enthaltenen Pilze werden in die Keimgruppen der Feldpilze und der Lagerpilze unterteilt. Feldpilze sind produkttypisch und infizieren die Pflanze in der Regel zum Zeitpunkt der Blüte. Sie sind witterungsabhängig in unterschiedlicher Menge bereits bei der Ernte auf dem Heu vorhanden und lassen sich nicht komplett vermeiden, sondern lediglich durch den richtigen Erntezeitpunkt eindämmen. Lagerpilze hingegen sind Verderb anzeigende Pilze, die während der Verarbeitung und der Lagerung des Heus hinzukommen, wenn beispielsweise das Heu zu fest in den Ballen gepresst wird oder die Ballen zu dicht gelagert werden. Die Vertreter beider Keimgruppen bilden als Stoffwechselprodukt Schimmelpilzgifte, die als Mykotoxine bezeichnet werden. Häufig besteht im Heu ein multipler Befall mit mehreren Schimmelpilzen oder eine Ko-Kontamination mit anderen Schaderregern wie Milben. Das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz beurteilt regelmäßig die Qualität von Pferdefutter und untersucht in diesem Rahmen stichprobenartig Heu auf mikrobielle Belastungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind besorgniserregend, denn bei einer Vielzahl der Proben wird regelmäßig ein hoher Gehalt an Mykotoxinen festgestellt. Viele Heuproben sind sogar so stark belastet, dass sie als „nicht für die Pferdefütterung geeignet“ eingestuft werden (1). Diese Untersuchungen zeigen einmal mehr die Brisanz des Themas in der Pferdefütterung.

Akute Erkrankung oder schleichende Vergiftung durch Mykotoxine

Schimmelpilzgifte sind hochgiftig und besitzen ein starkes Gefährdungspotential. Sie können schon in sehr geringen Mengen schwere Erkrankungen beim Pferd hervorrufen. Je nachdem wieviel und wie lange sie aufgenommen wurden, kann es dann zu akuten oder chronischen Symptomen kommen. Zurzeit sind etwa 300 Schimmelpilzarten bekannt, die mehr als 200 verschiedene Mykotoxine bilden, von denen auch viele in der Pferdefütterung von enormer Bedeutung sind. Ebenso vielfältig wie die Pilzgifte selbst sind auch die Symptome, die sie auslösen, wobei abhängig von der Pilzgattung alle Organsysteme des Pferdes betroffen sein können.

Unter den Feldpilzen spielen vor allem Vertreter der Gattungen Fusarium und Cladosporium eine Rolle. Fusarium produziert das Mykotoxin Fumonisin. Es verursacht schwere Schäden am Nervensystem, die sich für den Tierbesitzer in Verhaltens- und Bewusstseinsveränderungen äußern. Betroffene Pferde zeigen Symptome wie starke Erregung, Muskelzittern, Krämpfe, Festliegen, Schluckstörungen und Koma. Auch das als Hirndrucksyndrom bekannte Pressen des Kopfes gegen Hindernisse sollte jeden Tierbesitzer sofort an eine Fumonisinvergiftung denken lassen. Der zu den Schwärzepilzen gehörende Cladosporium hingegen verursacht Infektionen der oberen Atemwege und inhalationsbedingte Schimmelpilzallergien mit Husten, Schnupfen und Asthma. Typische im Heu nachgewiesene Lagerpilze sind die Gattungen Aspergillus und Penicillium. Aspergillus kann die Lunge befallen und zur gefürchteten Lungenmykose führen. Vertreter dieser Gattung bilden ein sehr bekanntes Mykotoxin namens Aflatoxin, welches hochgiftig ist und schwere Leber- und Nierenschäden verursacht. Es gilt als karzinogen und ist somit an der Entstehung verschiedener Krebserkrankungen beteiligt. Aflatoxin wird auch über die Muttermilch an das Fohlen weitergegeben und schädigt so bereits den Nachwuchs. Penicillium-Arten hingegen produzieren das Mykotoxin Ochratoxin, welches beim Pferd zu Nierenschäden mit Wasseransammlung in den Beinen führt und ebenso kanzerogen wirkt. Lahmheiten, ein unausgeglichener Gang und Futterverweigerung können bei einer Belastung mit Ochratoxin für den Pferdebesitzer auffällig sein.

Es existiert eine Vielzahl weiterer Mykotoxine, deren gemeinsame Wirkung unter anderem eine Verringerung der Nährstoffaufnahme im Darm und eine Schädigung der Darmbarriere ist, so dass aufgenommene Gifte auch noch schneller resorbiert werden. Veränderungen im Darmmikrobiom führen dann häufig zu Durchfall und Kotwasser, auch Koliken sind möglich. Viele Mykotoxine besitzen zudem eine immunschwächende Wirkung und können so das Auftreten von Infektionserkrankungen begünstigen oder den Verlauf anderer Erkrankungen erschweren.

Chronische Schimmelpilzvergiftungen sind für den Pferdebesitzer schwer zu erkennen, denn sie lösen meist eher diffuse Symptome wie Leistungsverlust, allgemeine Schwäche oder Störungen der Fruchtbarkeit aus. Oft ist bei langfristiger Mykotoxinbelastung eine Häufung verschiedener Symptome im Pferdebestand auffällig, die nicht sofort auf kontaminiertes Heu zurückgeführt wird.

Was bringen Grenzwerte?

Für die Beurteilung der hygienischen Qualität von Heu existieren Orientierungswerte. Sie orientieren sich an Geruch, Farbe, Blattanteil und sichtbaren Verunreinigungen, die eine Eingruppierung in Qualitätsstufen zulassen (1). Diese Einstufung lässt jedoch nicht unbedingt Rückschlüsse auf eine Pilzbelastung zu. Und auch wenn die Konzentration einzelner Mykotoxine im Heu niedrig ist, kann es zu nicht unerheblichen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Giften mit potenzierenden Effekten und starker Belastung von Leber und Niere kommen. In Studien wurde zudem ein exponentieller Anstieg der Pilzgiftkonzentration ab einer Lagertemperatur von 15 Grad Celsius nachgewiesen, so dass aus einem Konzentrationsniveau weit unter der offiziellen Sicherheitsschwelle in kürzester Zeit ein gefährlicher Giftcocktail entstehen kann.

Wichtig zu wissen ist auch, dass Pilzsporen nicht im Heu verbleiben, sondern zu einer hohen Belastung der Stallluft führen. So lässt sich auch erklären, dass in den Untersuchungen des DLR Westpfalz immerhin 40-80% der Pferde der untersuchten Betriebe unter angegriffenen Atemwegen litten. Auch für die in den Stallungen arbeitenden Beschäftigten kann eine hohe Mykotoxinbelastung gesundheitliche Folgen haben und es sollten entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen eingeleitet werden.

Präventive Möglichkeiten durch den Pferdebesitzer

Für eine Bewertung der Heuqualität sollte es obligatorisch sein, das Heu bereits bei der Lieferung einer ausführlichen Sinnenprüfung zu unterziehen und dies kurz vor dem Verfüttern noch einmal zu wiederholen. Gutes Heu sollte aromatisch riechen, wenig ausgeblichen sein und keine makroskopisch erkennbaren Verunreinigungen enthalten. Ist schon optisch nicht mehr einwandfrei, ist es für die sensiblen Pferde nicht mehr geeignet, kann an Wiederkäuer aber durchaus noch verfüttert werden. Sobald ein muffiger oder brandiger Geruch oder eine braun-schwarze Verfärbung zu erkennen ist, gilt das Heu jedoch als minderwertig und sollte verworfen werden. Hygienisch einwandfreies Heu lässt sich rein sensorisch jedoch nicht immer eindeutig erkennen und die Beurteilung ist stark von der Erfahrung der durchführenden Person abhängig. Laboranalysen sind deutlich zuverlässiger, jedoch aufwändig und teuer. Um die Gesundheit der Pferde trotzdem zu gewährleisten, können toxinbindende Präparate sinnvoll sein, die dem Futter beigemischt werden und eine Dekontamination bewirken. So werden Mykotoxine bereits im Darm des Pferdes gebunden, noch bevor sie resorbiert werden und in den Körper gelangen. Die gebundenen Toxine werden dann einfach mit dem Kot ausgeschieden. Da Heu sehr häufig mit mehreren toxinproduzierenden Schimmelpilzen gleichzeitig kontaminiert ist, sollte ein Mittel zum Einsatz kommen, das gegen eine Vielzahl an Mykotoxinen wirksam ist und ein starkes Bindungsvermögen aufweist. Für diesen Zweck bestens geeignet sind Glucomannane, die aus Hefezellwänden isoliert werden und zu den Ballaststoffen gehören. So konnte bereits 2003 in einer kanadischen Studie nachgewiesen werden, dass Glucomannane in der Lage sind Mykotoxine zu binden und die in der Kontrollgruppe ohne Toxinbinder vorhandenen Leberschäden zu verhindern (2). MycoProtekt enthält Glucomannane und wird vom Pferd in der Regel gut akzeptiert.

Bei einem Verdacht auf Mykotoxinbelastung sollten immer auch die Entgiftungs- und Ausscheidungsorgane wie Leber, Darm und Niere unterstützt werden, um die Toxinausleitung anzuregen.

Quellen:

(1) Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz: Landesprojekt „Qualität des Pferdefutters“ 2023. Fachartikel „Wie gut ist unser Heu wirklich?“

(2) Raymond SL, Smith TK, Swamy HV. Effects of feeding a blend of grains naturally contaminated with Fusarium mycotoxins on feed intake, serum chemistry, and hematology of horses, and the efficacy of a polymeric glucomannan mycotoxin adsorbent. J Anim Sci. 2003 Sep;81(9):2123-30. doi: 10.2527/2003.8192123x. PMID: 12968685.